Bereits im Mittelalter verfügte der französische Adel über mit schweren Schlössern bewehrte eisenbeschlagene Truhen zur sicheren Verwahrung seiner Preziosen. Sie bildeten die Vorläufer der ersten Standtresore, die als „Schatzhüter“ im 18. Jahrhundert Einzug in gutbürgerliche Herrenhäuser hielten. Neben Gold und Schmuck galt es, zunehmend größere Mengen an Geldscheinen und Wertpapieren zu schützen – und das nicht nur vor Diebstahl, sondern auch vor Feuer. Diesem hatten die ersten Tresore wenig entgegenzusetzen. Doch das sollte sich alsbald ändern: Sowohl in Frankreich als auch in England werkelten findige Tüftler an einer Lösung. Während Alexandre Fichet im Jahr 1825 in der Pariser Rue Rameau eine kleine Schlosserwerkstatt eröffnet und 1840 die erste feuerbeständige Sicherheitssperre patentieren lässt, melden kurze Zeit zuvor in England William Marr (1834), Charles Chubb (1838) und etwas später Thomas Milner (1843) ihre Patente für „fire resistant safes“ an. Die Lösung war bestechend einfach und zugleich genial: In die Hohlräume zwischen vernietete oder verschweißte Stahlplatten wurde Sand eingebracht, der als Hitzeschild fungierte. Queen Victoria dankte es Mister Milner durch die Anerkennung als Hoflieferant, wodurch seine tendenziell schmucklosen Stahlschränke alsbald ganz Großbritannien bevölkerten.
Ganz anders verfuhr man jenseits des Ärmelkanals: Französische Hersteller wie Fichet oder Bauche setzten auf die Ausgestaltung von Tresoren als dekorative Möbelstücke, die die prunkvollen Appartements der Hautevolee zierten. Ende des 19. Jahrhunderts erlaubten immer bessere Fertigungstechniken die serielle Produktion, und große Namen wurden geboren. Petitjean, Tritschler, Allard, Perreul, Tiroirs oder Guy-Vaisser schufen zunehmend raffiniertere Stücke. Aufwendig gefertigte Zierrosetten auf den Schlössern oder fein geschmiedete Zierbänder waren die äußeren Merkmale der wertvollen Stücke. Zudem sorgten ausgefallene Tischlerarbeiten an Sockel und Fries für ein elegantes, von der französischen Bourgeoisie überaus geschätztes Erscheinungsbild. Ihren Zweck verheimlichten die dekorativen Stücke dennoch nicht: Das Codierungsschloss – oft aus Buchstabenkombinationen bestehend – und die Öffnung für den Doppelbartschlüssel waren offensichtlich und leicht zugänglich. Im Verborgenen blieb dagegen der wesentliche Teil der handwerklichen Präzision: Mit viel Fantasie entwickelte Riegelwerke und geschickt ineinandergreifende Schließmechanismen.
Die wahre Kür aber begann, als erste Hersteller die Fronttüren mit Schubladenimitationen kaschierten, um ungeladene Gäste wirkungsvoll zu täuschen. Zu wahrer Meisterschaft brachte es ein Tresor aus dem Hause Tiroirs: Er verbarg die Schüssellöcher für ein raffiniertes Codierungsschloss hinter den Zierleisten der Schubladenfassade – daran dürfte so mancher Gauner verzweifelt
sein.
Absolut nachvollziehbar, dass wir davon begeistert sind, oder? Zumal die schmucken Stücke nach wie vor voll einsatzbereit sind, sich aber überdies auch als höchst dekorative Wohn-Objekte in nahezu jedes Ambiente formvollendet einfügen. Et voilà, was will man mehr?
Bonjour, Maître Philippe
Historische Tresore dieser Güteklasse sind eine absolute Rarität. Für die Aufarbeitung unserer französischen Prachtstücke konnten wir einen der wenigen echten Experten in diesem Metier gewinnen: Philippe Posca ist nicht nur unschlagbar im Aufstöbern der letzten Exemplare, er ist auch unübertroffener Meister im würdevollen und originalgetreuen Restaurieren der wertvollen Einzelstücke. In mühevoller Kleinarbeit nimmt er sich aller Details an, erweckt längst verrostete Mechanismen zu neuem Leben, kommt raffinierten Schloss-Kombinationen auf die Schliche und legt behutsam die alte Patina des Korpus frei. Wäre er nicht so ein leidenschaftlicher Enthusiast, könnten wir Ihnen nicht derart wunderbare Meisterwerke präsentieren. Merci, Philippe!